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Medium Rezension
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Brodi, Barbara
Barbara Best of - 20 Chansons
Interpretin: Barbara
Barbara Brodi, gebürtig Monique Andrée Serf , geboren 1930 in Paris, gestorben 1997 in Neuilly-sur-Seine, war eine französische Chansonsängerin und -komponistin, die die Texte und die Musik zu ihren Chansons selbst schrieb. Sie interpretierte u.a. auch Chansons von Jacques Brel.
In Frankreich ist Barbara eine Ikone. Ich hörte sie irgendwann Ende der 60er Jahre mit ihrem Lied „Göttingen“ (von 1964), das während eines Gastspiels in der Stadt zustande kam. Sie war dort auf Einladung von Studenten der Universität. Das Lied machte sie in Deutschland bekannt, war aber auch in Frankreich sehr beliebt. Es wurde ihr berühmtestes Chanson und leistete einen bedeutenden Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Frankreich und Deutschland. Noch im Jahr 2003 zitierte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder aus dem Text des Liedes in seiner Rede zum 40. Jahrestags des Élysée-Vertrages bei der gemeinsamen Sitzung des Deutschen Bundestags und der französischen Nationalversammlung.
Alle ihre Lieder sind von ihren Erfahrungen geprägt, von Erfolgen und Niederlagen, von der schwierigen Kindheit während des 3. Reiches, als sich die Familie vor dem Vichy-Regime und den Nazis verstecken musste, von der komplizierten Beziehung zu ihren Eltern, insbesondere zum Vater und ihren lebenslangen Versuchen, ein eigenes Leben aufzubauen, sich künstlerisch nicht anzupassen. Der große Erfolg kam 1965 mit der Platte „Barbara chante Barbara“.
1967 veröffentlichte sie eine Platte mit deutschen Versionen ihrer Chansons. Das war aufgrund ihrer Kindheitserfahrungen durchaus nicht selbstverständlich.
2017 erschien im Verlag Wallstein ihre Autobiographie „Es war einmal ein schwarzes Klavier … Unvollendete Memoiren“. Georg Stefan Troller schrieb folgende Zeilen für ihre einzige in deutscher Sprache produzierte Schallplatte: „AH, WER DAS KÖNNTE! Hereinstaksen auf die Bühne – steif, hager, hakennasig, im langen, schwarzen Schleppkleid, sich wie erschöpft am Piano niederlassen, das Publikum ignorieren, pausieren, lange, lange nichts tun, den Blick nach innen gerichtet, auf den Lippen dieses kleine Lächeln … und dann die Hand über die Tasten gleiten lassen, so, als wolle man nur sich selber zuhören … und dann irgendein kleines Lalala summen, das wie von selbst zu einer Melodie wird, zu einem Vers, einem Chanson.“ (aus den unvollendeten Memoiren zitiert, S. 7) 2017 interpretierte Gerard Depardieu, ein Gefährte Barbaras, ihre Lieder im Pariser „Théâtre Bouffes du Nord“ und wurde dafür euphorisch bejubelt.
Ebenfalls in 2017 erschien bei Erato/Warner ein Album „Barbara“ - eine sehr persönliche Hommage des französischen Pianisten Alexandre Tharaud. Auf ihm interpretieren so berühmte Persönlichkeiten wie Juliette Binoche, Vanessa Paradis, Jane Birkin, Helmut Berger u.a. ihre Lieder.
Ihre Chanson sind durchweg melancholisch, anspruchsvolle Texte und Musik, nachdenklich, leise, eigenwillig. Sie sind nicht obenhin zu hören, man muss sich auf sie einlassen. Aber es lohnt sich, diese Künstlerin kennenzulernen. Ich mochte auf Anhieb ihr Chanson „Une Petite Cantate“, das sehr leise beginnt, sehr melodiös ist, tänzerisch schwungvoll und dann wieder ganz leise. „La Dame Brune“ singt sie zusammen mit Georges Moustaki, sanft, zärtlich, wie mit einem Lächeln. Und auch die anderen Lieder schleichen sich sanft, aber nachdrücklich ins Ohr. Man kann die Sängerin nicht mehr so leicht vergessen.
Mercury Music Group - 2016 - Audio-CD
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