Buch-Welt-Musik
Medium Rezension
1141
Krechel , Ursula
Vom Herzasthma des Exils
Taschenbuch
Ursula Krechel - wichtige Stimme für Menschenrechte
Ursula Krechel, Jahrgang 1947, lehrte u.a. an der Universität der Künste Berlin, der Ben-Gurion-Universität Be’er Sheva, ist Mitglieder verschiedener Akademien in Deutschland für Künste, Sprache und Dichtung, Literatur und Wissenschaften. Sie erhielt diverse Preise, u.a. den Deutschen Buchpreis für den Roman „Landgericht“, der auch verfilmt wurde. 2025 wurde sie mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. In ihrem literarischen Schaffen setzt sie sich immer wieder mit Flucht, Vertreibung, Exil und den Folgen auseinander, schreibt gegen das Vergessen an.
Vom Herzasthma des Exils
„Kann nicht hier sein, kann nicht dort sein, wo die Kerze ist, muss ein Docht sein, kann im Zimmer keinen Wind spüren, kann im Wind keinen Gedanken schüren, wo das Hier ist, wäre dort, hier wie dort ein fremder Ort.“
Der Schriftsteller Adalbert von Chamisso, eine Adelige mit ihrer Familie im 18. Jahrhundert, die mit vielen anderen vor der Französischen Revolution flüchteten, oder Menschen, die wegen mangelnder Lebensperspektiven oder aus politischen Gründen Deutschland im 19. Jahrhundert verließen, die Menschen, die wegen der Nationalsozialisten emigrierten oder Flüchtlinge, die vor Krieg und Gewalt flüchteten und flüchten bis heute – immer geht es in Ursula Krechels Buch um Flucht, Emigration und Exil.
Durch die Jahrhunderte mussten immer wieder Menschen ihre Heimat, ihr Zuhause, ihr Land verlassen und die Unsicherheit von Flucht und Exil auf sich nehmen, mit Angst und Verzweiflung kämpfen, immer auf der Suche nach einem Ort, wo sie in Sicherheit leben können, nach Menschen, die ihnen helfen, sie nicht vertreiben oder ihnen missgünstig gestimmt sind. An vielen Beispielen, Menschen und ihren Geschichten, zeigt sie sie auf, was das bedeutet, was sie auf sich nehmen müssen, selbst wenn sie einen Ort finden, an dem sie bleiben können, was sie aufgeben und hinter sich lassen mussten. Und was auf sie wartet, sollten sie nach Jahren des Exils in die Heimat zurückkehren können. Denn nicht immer gelingt die Rückkehr und die Menschen im Heimatland sind ihnen nicht unbedingt gut gesinnt. Viele scheitern an ihrer Rückkehr, finden keinen Anschluss mehr, sind vergessen oder werden als Vaterlandsverräter beschimpft.
Deutschland ist ein Ziel für Menschen auf der Flucht, doch viele hier wollen von ihnen nichts wissen. Deutschland als Einwanderungsland ist für einen Teil der Gesellschaft unerträglich. Sie wollen keine Einwanderung. Im Jahr 2025 überbieten sich konservative oder rechtsnationalistische bis rechtsextreme Politiker mit Forderungen nach Verschärfung des Asylrechts und mit Ankündigungen von Abschiebungen sogar in Länder, in die nach internationalem Recht nicht abgeschoben werden dürfte.
Menschen sind Menschen sind Menschen - zuerst und zuletzt
Ursula Krechel schreibt seit Jahren über Flucht, Vertreibung, Exil und die Folgen für die Menschen. Der Titel des Buches, so schreibt sie, sei Thomas Mann geschuldet. „Vom Herzasthma des Exils“ ist ein wichtiges Buch, insbesondere in Zeiten wie diesen, in denen Flüchtlinge, egal welcher Herkunft und Farbe, als lästig, unbequem und störend für das eigene Wohlbefinden betrachtet werden und die man so schnell wie möglich loswerden will. Wobei die Leute davon ausgehen, selbst nie in eine solche Lage zu kommen.
Verlag Klett-Cotta - 2025 - Buch
- Impressum - @Copyright Gabriele Strahl, Neuss - Datenschutzerklaerung -