Sanaka Hiiragi, Jahrgang 1974, lebt in Tokio. Sie studierte in Kobe (Japan) Literatur und Japanisch als Fremdsprache, unterrichtete im Ausland Japanisch, bevor sie sich für das Schreiben entschied. Ein weiteres Buch von ihr ist „Die Erinnerungsfotografen“, erschienen 2023 auf Deutsch.
Nanahoshis Beruf ist ebenso selten wie seltsam. Sie überbringt als Glückslieferantin Botschaften von verstorbenen Menschen an die Hinterbliebenen. Diese müssen sich mit dem unverhofften Erbe erst einmal auseinandersetzen und langsam anfreunden. Denn ihnen allen ist gemeinsam, dass sie in ihrem Leben steckengeblieben und in Routine oder Trauer erstarrt sind. Und nun taucht Nanahoshi auf und zwingt sie, sich mit dem Erbe der Verstorbenen und sich selbst auseinanderzusetzen.
Da ist Yuko Aragaki. Sie hat ihre Freundinnen, mit denen sie lange in einem kleinen Haus zusammengelebt hat, durch den Tod verloren. Sie hadert mit dem Verlust, mit Minderwertigkeitskomplexen und ihrem Zorn wegen des Verlassenseins und dass ihr Leben dadurch aus den Fugen geraten ist. Hilfe von außen lehnt sie ab, weist alle Freundlichkeiten ab.
Fumika Sumii geht noch zur Schule. Sie möchte dem kleinen Ort und der Familie, die sie mit ihrem Beharren auf Traditionen einengt, entkommen. Doch wie das anstellen und den Mut zur Veränderung aufbringen? Da überbringt ihr Nanahoshi eine Nachricht ihrer gerade verstorbenen Großmutter, die sie in Erstaunen versetzt. Das hätte sie von der strengen, übergroßen Frau nicht erwartet. Und nun ist Fumika am Zug.
Yu Tomayamas, ein Mann mittleren Alters, sitzt oft im Park auf einer Bank und trinkt ein Bier. Er und sein Leben passen nicht zueinander, er ist mutlos und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Nanahoshi überbringt ihm ein Paket, das ihm seine Jugendliebe Maho Mikita zugedacht hat. Sie liebte es, sich bei ihren gemeinsamen Spielen zu verstecken – so gut, dass Yu sie nie finden konnte. Später verloren sie sich aus den Augen, sie heiratete und verschwand aus seinem Leben. Doch in seinen Gedanken lebt sie weiter. Nun erfährt er von ihr und warum sie aus seinem Leben verschwand.
Ayaka Osabe ist das geborene Opfer, auf ihrer Stirn scheint geschrieben zu stehen: Nutze mich aus, behandle mich nachlässig. Ich bin nicht schön, nicht wichtig, lass mich einfach stehen und ignoriere mich, wenn du mich nicht mehr brauchst. So behandeln ihre Mitstudentinnen sie dann auch. Ayako kann sich einfach nicht wehren. Da überbringt ihr Nanahoshi das Erbe eines ihrer früheren Lehrer, an den sie sich zunächst kaum erinnern kann. Dieses Erbe anzunehmen und auszuführen stellt sie vor einige Herausforderungen, denen sie sich nach einigem Zögern stellt.
Und wer ist Nanahoshi? Wie ist ihre Geschichte? Das wird in der letzten Erzählung aufgeklärt, die zeigt, dass auch Glückslieferanten lernen müssen und können.
Ich bekam das Buch zu Weihnachten von einer Cousine geschenkt und war sofort begeistert. Es handelt von Menschen, die alle in sich und ihrem Leben feststecken und kaum noch glauben können, dass sie da wieder herauskommen können. Das Buch macht Mut, ist schön, aber keineswegs süßlich geschrieben. Ein schönes Geschenk für sich selbst für andere – ob sie es gerade brauchen oder nur einmal über sich und ihr Leben nachdenken möchten.
Von der Autorin ist auch „Die Erinnerungsfotografen“ erschienen. Hier ist der Ton sehr ernst, aber immer eine Einladung, über das eigene Leben und seine guten wie schlechten Zeiten nachzudenken.