@ COPYRIGHT G. Strahl, Neuss

Buch-Welt-Musik G. Strahl

Edinburgh

Edinburgh liegt an der Ostküste Schottlands an der Südseite des Firth of Forth, ist seit dem 15. Jahrhundert die Hauptstadt Schottlands und seit 1999 Sitz des Schottischen Parlaments. Die Ursprünge Edinburghs gehen zurück bis in vorgeschichtliche Zeit. Ein Beispiel dafür ist Arthur‘s Seat, eine prähistorische Grabanlage. Später landeten hier die Römer. Im Jahr 1093 wird für Edinburgh eine Burg bezeugt. Edinburgh ist heute eine der angesagten Städte in Europa. Viel mittelalterliche oder neoklassizistische Bausubstanz und das Bestreben, sie zu erhalten, zeichnen diese Stadt aus ebenso wie die elegante georgianische Neustadt. Und es gibt viel zu besichtigen: Die Burg mit den schottischen Kronjuwelen und dem sagenumwobenen „S tone of Scone - Stein der Vorsehung “, der eine Rolle bei der Krönung der schottischen Könige spielte; von hier kommt man über die Royal Mile geradewegs zum geschichtsträchtigen Holyrood-Palace mit seiner Abtei-Ruine, die auf eine Gründung unter David I. zurückgeht; das Haus von John Knox, dem protestantischen Prediger, verschiedene Kirchen, u.a. St. Giles, Museen, wie die Schottische Nationalgalerie und nicht zu vergessen die Closes Übergänge zu Hinterhöfen. Heute sind sie begehrter Wohnraum, fast nicht mehr zu bezahlen, bis ins 19., ja 20. Jahrhundert übelriechende Zugänge zu ärmlichen Hinterhöfen, schmutzig, Bakterien verseucht und Auslöser für Krankheiten. Auch einiges schwierige Gesindel war hier angesiedelt. Ansonsten ist die Stadt wie alle Städte voll mit Touristen, es gibt natürlich das jährliche Tattoo, zu dem viele Besucher strömen, aber auch andere musikalische Großveranstaltungen und Festivals bieten jede Menge Unterhaltung. Und das Flanieren durch die alten Straßenzüge wie die Royal Mile, die Princess- oder die High Street macht einfach Spaß. Theodor Fontane verbrachte bei seiner Schottland-Reise im Jahr 1858 mit seinem Freund Bernhard von Lepel einige Tage in Edinburgh. Die Stadt gefiel ihm außerordentlich gut und er nannte sie „das Athen des Nordens“. Mit ihm kann man gut durch die Straßen der Stadt schlendern, von einer Sehenswürdigkeit zur andern, er kennt viele kleine und große Geschichten, z.B. über wichtige Persönlichkeiten und Ereignisse, aber auch solche von Spukhäusern und skandalträchtigen Geschehnissen. Mit dem Buch in der Hand kann man seine Wege verfolgen. Die Straßen und Gebäude von damals existieren ja noch, wie z.B. das Haus von John Knox. Man kann es auf der Zeichnung von Bernhard von Lepel erkennen. Besonders interessierte Fontane sich für Holyrood- Palace. Denn hier spielen die Begebenheiten um die Person und die Geschicke der Maria Stuart eine große Rolle, der so skandalumwitterten Königin von Schottland aus dem 16. Jahrhundert. Und natürlich ihre Ehe mit Lord Darnley (Henry Edward Stuart), der ihren Sekretär David Rizzio ermorden ließ. Dies geschah in Holyrood-Palace in Gegenwart der im 6. Monat schwangeren Maria. Darnley verdächtigte Rizzio, ein Verhältnis mit seiner Frau zu haben, was allerdings nicht zutraf. Die ganze vertrackte Geschichte dieser voreilig geschlossenen Ehe und deren nicht minder vertrackten Folgen beschäftigen seit Jahrhunderten Historiker und Romanciers. Besonders Marias widersprüchliches und undurchsichtiges Verhalten im Fortgang der Ereignisse haben zu vielen Spekulationen geführt, in denen sie einmal Schuldige, einmal armes Opfer war. Doch folgen wir Theodor Fontane bei seinem Rundgang durch den Palast. Rein von außen betrachtet, findet er den Bau nicht besonders imposant, auch im Innern sind viele Installationen zu seiner Zeit nicht wirklich interessant, viele Möbel stammen aus anderen Zeiten als der Maria Stuarts. Allenfalls die Gemäldegalerie im Nordwestturm ist erwähnenswert: Diese ist ein Unikum, und insofern ganz an ihrem Platze hier, als sie ein heiteres Gegengewicht gegen die Schrecknisse des Ortes bildet. Sie enthält hundertundzehn Portäts der schottischen Könige von Fergus I. (330 vor Christo) bis auf Karl Stuart. Der Künstler, der sie schuf, hieß Jakob de Witt, ein Vlamänder (Flame, Anmerk. G.St.). Der Kontrakt, durch den er sich zu Herstellung dieser Porträts verpflichtete, existiert noch; er ist aus dem Jahre 1684 und lautete dahin: ‚Jakob de Witt verpflichtet sich zur Lieferung von 110 Porträts in zwei Jahren sowie auch zur Beschaffung der dazu nötigen Farben und Leinwand; das Gouvernement andererseits zahlt besagtem de Witt jährlich 120 Lstr. und macht sich verbindlich, ihm die nötigen Originale zu liefern.‘ Sehr komisch ist die Kostüm- und Familienähnlichkeit aller, so dass es niemandem auffallen würde, wenn man die Nummern durcheinanderwerfen und die Namen hinterher durchs Los bestimmen wollte! ... Der Saal, in dem sich diese Porträtgalerie befindet, ist dadurch interessant, dass der Prätendent oder ‚Prinz Charlie‘, wie ihn die Schotten zu nennen pflegen, während seiner kurzen Residenz in Holyrood einen prächtigen Ball in demselben gab. Hier tanzten jene Gestalten, die W. Scott in seinem ‚Waverley‘ auf viele Jahrhunderte hin der Vergessenheit entrissen hat… (Wanderungen durch England und Schottland, Bd. 2, Jenseits des Tweed, S. 52 und 54) Dann kommt Fontane auf den Mord an David Rizzio. Es gab im Palast eine so genannte sehr enge Vertraulichkeitstreppe von den Räumen, in denen Lord Darnley wohnte, nach oben in die Gemächer der Königin, nach unten auf die Straße. Diese Treppe konnte nur mit Wissen und Willen des Lords benutzt werden. Hier herauf kamen die Verschwörer um Darnley. Wir hatten vor, denselben Weg zu machen und wanden uns die Spirale hinauf, auf der an jenem Märzabend Darnley und seine Freunde hinangestiegen waren. Es ward uns ein wenig unheimlich dabei, und dies Gefühl wuchs noch, als wir plötzlich vor einer kleinen, kaum mannsbreiten Tür standen und vergeblich auf die rostige Klinke drückten, um sie zu öffnen. Fontane und von Lepel kommen hier nicht weiter. Sie machen kehrt, und gehen nun über den eigentlichen Treppenaufgang zu den Zimmern der Königin. Fontane beschreibt die Zimmer, ihre Möblierung sowie die Dinge, die sie benutzte, Handarbeiten Maria Stuarts, Körbchen, Kästchen usw. (S. 54,55) Das Zimmer, in dem Rizzio vor den Augen der entsetzten Königin ermordet wurde, ist sehr klein. Fontane erzählt die Geschehnisse, so, wie sie damals bekannt waren und bis heute noch bestätigt werden. Er fährt fort: All das stand vor unserer Seele, als wir uns in dem elenden Zimmerchen umsahen. Wir verließen es wieder, ohne ein Wort zu sprechen. Als wir bis an die Treppe gekommen waren, rief uns einer der Aufseher nach: ‚Wait a moment, gentlemen, you didn’t see the blood yet.‘ In der Tat standen wir auf dem Punkt, an dem Blute Rizzios ohne weitere Teilnahme vorbeizugehen. Zu sagen, dass wir viel dabei empfunden hätten, wäre Lüge. Diese Dinge dürfen einem nicht in Substanz auf den Leib rücken. Die roten Flecke, die das Gewissen der Lady Macbeth sieht, wo sie nicht sind, werden ewig ihr Grauen für uns behalten; aber es ist vorbei damit, wenn man uns das Blut tischebreit auf die Diele malt. Auch die Vorstellung kann nicht retten, dass es vielleicht das echte sei .“ (S. 59,60) Man kann Holyrood Palace besichtigen. Mit viel Aufwand wurde das Gebäude vor allem in Innern wieder in seinen früheren Stand versetzt. Holyrood Palace war unter verschiedenen Besitzern ziemlich heruntergekommen, so dass Fontanes Kritik nicht verwundern darf. Heute sind die Zimmer von Maria Stuart und Lord Darnley wieder so hergerichtet, wie sie zu deren Zeit gestaltet waren. Es ist leider nicht gestattet, im Palast selbst zu fotografieren. Aber außerhalb des Gebäudes ist dies erlaubt. Und es lohnt sich, z.B. den wunderschönen, gepflegten Park aufzusuchen sowie die zerfallene Abtei, die sich an den Palast anschließt bzw. schon vor ihm da war. Vom Garten aus kann man in der Ferne Artur’s Seat, die prähistorische Grabstätte, erahnen und hat einen weiten Blick in die Landschaft. Der Palast ist heute die offizielle Residenz der britischen Königin in Schottland. In jedem Sommer gibt das Königshaus hier eine Gartenparty, zu der verdiente Personen des Königreiches eingeladen sind. Ein Audioguide mit integriertem Tablet kann ausgeliehen werden und ist empfehlenswert, weil er multimedial über Palast, Abtei und Garten informiert. Fontane beschreibt die Häuserreihen entlang der High Street, die zu seiner Zeit Grau in Grau wirkten, oft etwas heruntergekommen, ehemalige Adelshäuser und Paläste, jetzt Mietskasernen gleichend: Schmutz, Armut und Hökerkram haben hier wie dort ihre Wohnung aufgeschlagen. Aber was den Unterschied macht, das ist das Massenhafte der Bauart, der wir hier begegnen. Die grauen Quaderhäuser mit breiten, vielfenstrigen Fronten steigen sechs und sieben Stock hoch in die Luft und geben der ganzen Straße das Ansehen einer Reihe von Palästen. Dass diese Paläste räuchrig und schmucklos, zum Teil und halb verfallen sind, reicht nicht aus, der Straße diesen ihren Charakter zu nehmen.“ (S. 66) Ein Haus „gleicht dem andern. Grau, steinern, schmucklos steigen sie in die Luft, unmalerisch einzeln, aber pittoresk als Ganzes und immer wirksam durch Masse und Proportion. Was ihnen bei genauerem Einblick einen aparten Zug verleiht, das sind die sogenannten ‚Engen‘, jene wunderlichen Kreuzungs - produkte von Hof, Mauergang und Sackgasse, die unter dem Namen der ‚closes von Edinburgh‘ in ganz England eine Art von Notorität erlangt haben. Aber was diesen closes, weit über ihren eigentlichen Anspruch hinaus, wenigstens den Schein von etwas Besonderem leiht, das ist ihre ganz aparte Enge. Man passiert zunächst einen schmalen, überwölbten, leider oft als Rinnstein dienenden Gang, der sich durch die ganze Tiefe des Hauses zieht… Hat man, nach vorsorglicher Applizierung eines Taschentuches, diesen im Dunkeln fließenden Schleichbach hinter sich, so steht man auf einem mal stein-, mal fliesenbedeckten Hofe, der bei der Höhe der Häuser, die ihn dicht umschließen, mehr einem Rauchfang als einem Hof gleicht. “ (S. 67,68) Heutzutage sind die Closes natürlich in einem ganz anderen Zustand und die Häuser, dicht an dicht, begehrter Wohnraum. Viele Geschichten ranken sich um die Closes, unheimliche, dramatische und grausame. Einer der Closes gehörte einem Deacon Brodie. Der war eine sehr geheimnisvolle Gestalt: Tagsüber braver Geschäftsmann, nachts Verbrecher. Robert Luis Stevenson soll ihn als Vorbild genommen haben für seinen Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Im Schottischen Nationalmuseum gibt es interessante Ausstellungen, wie hier, eine über Mode und ihre Absonderlichkeiten. Ein andere informiert über das Wild Majestic Scotland .“ Hier erfährt man viel über die Anfänge und Auswüchse des romantischen Schottlandbildes durch Robert Burns und vor allem Walter Scott. Fontane besuchte noch viele andere Orte in Schottland, wie z.B. Melrose Abbey, die berühmte Klosterruine. Aber darauf einzugehen, würde den Rahmen meiner kleinen Reise sprengen. Also schließe ich hier und hoffe, meine Wanderungen an der Hand von Theodor Fontane haben anderen Lust gemacht, eigene Wanderungen durch diese reizvolle und geschichtsträchtige Region zu machen, bzw. einmal selbst Theodor Fontane bei seinen Wanderungen zu begleiten. (==> Teil 1) (==> Teil 2)
Melrose Abbey Grabinschrift

Themen

@ COPYRIGHT G. Strahl, Neuss

Buch-Welt-Musik G. Strahl

Edinburgh

Edinburgh liegt an der Ostküste Schottlands an der Südseite des Firth of Forth, ist seit dem 15. Jahrhundert die Hauptstadt Schottlands und seit 1999 Sitz des Schottischen Parlaments. Die Ursprünge Edinburghs gehen zurück bis in vorgeschichtliche Zeit. Ein Beispiel dafür ist Arthur‘s Seat, eine prähistorische Grabanlage. Später landeten hier die Römer. Im Jahr 1093 wird für Edinburgh eine Burg bezeugt. Edinburgh ist heute eine der angesagten Städte in Europa. Viel mittelalterliche oder neoklassizistische Bausubstanz und das Bestreben, sie zu erhalten, zeichnen diese Stadt aus ebenso wie die elegante georgianische Neustadt. Und es gibt viel zu besichtigen: Die Burg mit den schottischen Kronjuwelen und dem sagenumwobenen „S tone of Scone - Stein der Vorsehung “, der eine Rolle bei der Krönung der schottischen Könige spielte; von hier kommt man über die Royal Mile geradewegs zum geschichtsträchtigen Holyrood-Palace mit seiner Abtei-Ruine, die auf eine Gründung unter David I. zurückgeht; das Haus von John Knox, dem protestantischen Prediger, verschiedene Kirchen, u.a. St. Giles, Museen, wie die Schottische Nationalgalerie und nicht zu vergessen die Closes Übergänge zu Hinterhöfen. Heute sind sie begehrter Wohnraum, fast nicht mehr zu bezahlen, bis ins 19., ja 20. Jahrhundert übelriechende Zugänge zu ärmlichen Hinterhöfen, schmutzig, Bakterien verseucht und Auslöser für Krankheiten. Auch einiges schwierige Gesindel war hier angesiedelt. Ansonsten ist die Stadt wie alle Städte voll mit Touristen, es gibt natürlich das jährliche Tattoo, zu dem viele Besucher strömen, aber auch andere musikalische Großveranstaltungen und Festivals bieten jede Menge Unterhaltung. Und das Flanieren durch die alten Straßenzüge wie die Royal Mile, die Princess- oder die High Street macht einfach Spaß. Theodor Fontane verbrachte bei seiner Schottland-Reise im Jahr 1858 mit seinem Freund Bernhard von Lepel einige Tage in Edinburgh. Die Stadt gefiel ihm außerordentlich gut und er nannte sie „das Athen des Nordens“. Mit ihm kann man gut durch die Straßen der Stadt schlendern, von einer Sehenswürdigkeit zur andern, er kennt viele kleine und große Geschichten, z.B. über wichtige Persönlichkeiten und Ereignisse, aber auch solche von Spukhäusern und skandalträchtigen Geschehnissen. Mit dem Buch in der Hand kann man seine Wege verfolgen. Die Straßen und Gebäude von damals existieren ja noch, wie z.B. das Haus von John Knox. Man kann es auf der Zeichnung von Bernhard von Lepel erkennen. Besonders interessierte Fontane sich für Holyrood- Palace. Denn hier spielen die Begebenheiten um die Person und die Geschicke der Maria Stuart eine große Rolle, der so skandalumwitterten Königin von Schottland aus dem 16. Jahrhundert. Und natürlich ihre Ehe mit Lord Darnley (Henry Edward Stuart), der ihren Sekretär David Rizzio ermorden ließ. Dies geschah in Holyrood-Palace in Gegenwart der im 6. Monat schwangeren Maria. Darnley verdächtigte Rizzio, ein Verhältnis mit seiner Frau zu haben, was allerdings nicht zutraf. Die ganze vertrackte Geschichte dieser voreilig geschlossenen Ehe und deren nicht minder vertrackten Folgen beschäftigen seit Jahrhunderten Historiker und Romanciers. Besonders Marias widersprüchliches und undurchsichtiges Verhalten im Fortgang der Ereignisse haben zu vielen Spekulationen geführt, in denen sie einmal Schuldige, einmal armes Opfer war. Doch folgen wir Theodor Fontane bei seinem Rundgang durch den Palast. Rein von außen betrachtet, findet er den Bau nicht besonders imposant, auch im Innern sind viele Installationen zu seiner Zeit nicht wirklich interessant, viele Möbel stammen aus anderen Zeiten als der Maria Stuarts. Allenfalls die Gemäldegalerie im Nordwestturm ist erwähnenswert: Diese ist ein Unikum, und insofern ganz an ihrem Platze hier, als sie ein heiteres Gegengewicht gegen die Schrecknisse des Ortes bildet. Sie enthält hundertundzehn Portäts der schottischen Könige von Fergus I. (330 vor Christo) bis auf Karl Stuart. Der Künstler, der sie schuf, hieß Jakob de Witt, ein Vlamänder (Flame, Anmerk. G.St.). Der Kontrakt, durch den er sich zu Herstellung dieser Porträts verpflichtete, existiert noch; er ist aus dem Jahre 1684 und lautete dahin: ‚Jakob de Witt verpflichtet sich zur Lieferung von 110 Porträts in zwei Jahren sowie auch zur Beschaffung der dazu nötigen Farben und Leinwand; das Gouvernement andererseits zahlt besagtem de Witt jährlich 120 Lstr. und macht sich verbindlich, ihm die nötigen Originale zu liefern.‘ Sehr komisch ist die Kostüm- und Familienähnlichkeit aller, so dass es niemandem auffallen würde, wenn man die Nummern durcheinanderwerfen und die Namen hinterher durchs Los bestimmen wollte! ... Der Saal, in dem sich diese Porträtgalerie befindet, ist dadurch interessant, dass der Prätendent oder ‚Prinz Charlie‘, wie ihn die Schotten zu nennen pflegen, während seiner kurzen Residenz in Holyrood einen prächtigen Ball in demselben gab. Hier tanzten jene Gestalten, die W. Scott in seinem ‚Waverley‘ auf viele Jahrhunderte hin der Vergessenheit entrissen hat… (Wanderungen durch England und Schottland, Bd. 2, Jenseits des Tweed, S. 52 und 54) Dann kommt Fontane auf den Mord an David Rizzio. Es gab im Palast eine so genannte sehr enge Vertraulichkeitstreppe von den Räumen, in denen Lord Darnley wohnte, nach oben in die Gemächer der Königin, nach unten auf die Straße. Diese Treppe konnte nur mit Wissen und Willen des Lords benutzt werden. Hier herauf kamen die Verschwörer um Darnley. Wir hatten vor, denselben Weg zu machen und wanden uns die Spirale hinauf, auf der an jenem Märzabend Darnley und seine Freunde hinangestiegen waren. Es ward uns ein wenig unheimlich dabei, und dies Gefühl wuchs noch, als wir plötzlich vor einer kleinen, kaum mannsbreiten Tür standen und vergeblich auf die rostige Klinke drückten, um sie zu öffnen. Fontane und von Lepel kommen hier nicht weiter. Sie machen kehrt, und gehen nun über den eigentlichen Treppenaufgang zu den Zimmern der Königin. Fontane beschreibt die Zimmer, ihre Möblierung sowie die Dinge, die sie benutzte, Handarbeiten Maria Stuarts, Körbchen, Kästchen usw. (S. 54,55) Das Zimmer, in dem Rizzio vor den Augen der entsetzten Königin ermordet wurde, ist sehr klein. Fontane erzählt die Geschehnisse, so, wie sie damals bekannt waren und bis heute noch bestätigt werden. Er fährt fort: All das stand vor unserer Seele, als wir uns in dem elenden Zimmerchen umsahen. Wir verließen es wieder, ohne ein Wort zu sprechen. Als wir bis an die Treppe gekommen waren, rief uns einer der Aufseher nach: ‚Wait a moment, gentlemen, you didn’t see the blood yet.‘ In der Tat standen wir auf dem Punkt, an dem Blute Rizzios ohne weitere Teilnahme vorbeizugehen. Zu sagen, dass wir viel dabei empfunden hätten, wäre Lüge. Diese Dinge dürfen einem nicht in Substanz auf den Leib rücken. Die roten Flecke, die das Gewissen der Lady Macbeth sieht, wo sie nicht sind, werden ewig ihr Grauen für uns behalten; aber es ist vorbei damit, wenn man uns das Blut tischebreit auf die Diele malt. Auch die Vorstellung kann nicht retten, dass es vielleicht das echte sei .“ (S. 59,60) Man kann Holyrood Palace besichtigen. Mit viel Aufwand wurde das Gebäude vor allem in Innern wieder in seinen früheren Stand versetzt. Holyrood Palace war unter verschiedenen Besitzern ziemlich heruntergekommen, so dass Fontanes Kritik nicht verwundern darf. Heute sind die Zimmer von Maria Stuart und Lord Darnley wieder so hergerichtet, wie sie zu deren Zeit gestaltet waren. Es ist leider nicht gestattet, im Palast selbst zu fotografieren. Aber außerhalb des Gebäudes ist dies erlaubt. Und es lohnt sich, z.B. den wunderschönen, gepflegten Park aufzusuchen sowie die zerfallene Abtei, die sich an den Palast anschließt bzw. schon vor ihm da war. Vom Garten aus kann man in der Ferne Artur’s Seat, die prähistorische Grabstätte, erahnen und hat einen weiten Blick in die Landschaft. Der Palast ist heute die offizielle Residenz der britischen Königin in Schottland. In jedem Sommer gibt das Königshaus hier eine Gartenparty, zu der verdiente Personen des Königreiches eingeladen sind. Ein Audioguide mit integriertem Tablet kann ausgeliehen werden und ist empfehlenswert, weil er multimedial über Palast, Abtei und Garten informiert. Fontane beschreibt die Häuserreihen entlang der High Street, die zu seiner Zeit Grau in Grau wirkten, oft etwas heruntergekommen, ehemalige Adelshäuser und Paläste, jetzt Mietskasernen gleichend: Schmutz, Armut und Hökerkram haben hier wie dort ihre Wohnung aufgeschlagen. Aber was den Unterschied macht, das ist das Massenhafte der Bauart, der wir hier begegnen. Die grauen Quaderhäuser mit breiten, vielfenstrigen Fronten steigen sechs und sieben Stock hoch in die Luft und geben der ganzen Straße das Ansehen einer Reihe von Palästen. Dass diese Paläste räuchrig und schmucklos, zum Teil und halb verfallen sind, reicht nicht aus, der Straße diesen ihren Charakter zu nehmen.“ (S. 66) Ein Haus „gleicht dem andern. Grau, steinern, schmucklos steigen sie in die Luft, unmalerisch einzeln, aber pittoresk als Ganzes und immer wirksam durch Masse und Proportion. Was ihnen bei genauerem Einblick einen aparten Zug verleiht, das sind die sogenannten ‚Engen‘, jene wunderlichen Kreuzungs produkte von Hof, Mauergang und Sackgasse, die unter dem Namen der ‚closes von Edinburgh‘ in ganz England eine Art von Notorität erlangt haben. Aber was diesen closes, weit über ihren eigentlichen Anspruch hinaus, wenigstens den Schein von etwas Besonderem leiht, das ist ihre ganz aparte Enge. Man passiert zunächst einen schmalen, überwölbten, leider oft als Rinnstein dienenden Gang, der sich durch die ganze Tiefe des Hauses zieht… Hat man, nach vorsorglicher Applizierung eines Taschentuches, diesen im Dunkeln fließenden Schleichbach hinter sich, so steht man auf einem mal stein-, mal fliesenbedeckten Hofe, der bei der Höhe der Häuser, die ihn dicht umschließen, mehr einem Rauchfang als einem Hof gleicht. “ (S. 67,68) Heutzutage sind die Closes natürlich in einem ganz anderen Zustand und die Häuser, dicht an dicht, begehrter Wohnraum. Viele Geschichten ranken sich um die Closes, unheimliche, dramatische und grausame. Einer der Closes gehörte einem Deacon Brodie. Der war eine sehr geheimnisvolle Gestalt: Tagsüber braver Geschäftsmann, nachts Verbrecher. Robert Luis Stevenson soll ihn als Vorbild genommen haben für seinen Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Im Schottischen Nationalmuseum gibt es interessante Ausstellungen, wie hier, eine über Mode und ihre Absonderlichkeiten. Ein andere informiert über das Wild Majestic Scotland .“ Hier erfährt man viel über die Anfänge und Auswüchse des romantischen Schottlandbildes durch Robert Burns und vor allem Walter Scott. Fontane besuchte noch viele andere Orte in Schottland, wie z.B. Melrose Abbey, die berühmte Klosterruine. Aber darauf einzugehen, würde den Rahmen meiner kleinen Reise sprengen. Also schließe ich hier und hoffe, meine Wanderungen an der Hand von Theodor Fontane haben anderen Lust gemacht, eigene Wanderungen durch diese reizvolle und geschichtsträchtige Region zu machen, bzw. einmal selbst Theodor Fontane bei seinen Wanderungen zu begleiten. (==> Teil 1) (==> Teil 2)
Melrose Abbey Grabinschrift