@ COPYRIGHT G. Strahl, Neuss

Buch-Welt-Musik G. Strahl
Über mich - Texte, Musik, Sprache 17.06.2018

Die Musik der Texte, der Rhythmus der Sprache

Ich habe immer gerne vorgelesen. Mein Vater muss mir Max und Moritz so oft vorgelesen haben, dass ich als 3-4jährige weite Passagen auswendig sprechen konnte. Mir wurde erzählt, ich hätte bei Familientreffen oft diese Texte aufgesagt. Daran kann ich mich nicht erinnern. Aber es muss stimmen, weil ich immer bis heute fast alles auswendig vortragen kann. Nur dem sechsten und siebentem Streich habe ich mich lange Zeit verweigert. Die beiden waren mir als Kind zu grausam. Im Vortragen, im Sprechen der Texte war mir immer, als würden sie lebendig, bekämen einen Leib, vergleichbar dem Bibelwort: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt (aus dem Anfang des Johannes-Evangeliums). Texte haben einen eigenen Rhythmus, je nachdem wirken sie wie Musik, Gedichte beispielsweise oder klassische Stücke in gebundener Sprache (wie man das nennt), also Dramen von Goethe, Schiller, Lessing oder Shakespeare, um nur einige zu nennen. Das ist faszinierend und kommt in unserer Alltagssprache viel öfter vor als man denkt. Meistens hören wir nicht so genau hin. Aber es kann Spaß machen, einmal darauf zu achten. Rapper wissen das übrigens. Ich bin keine Musikerin, aber in der Verbindung mit dem Rhythmus der Sprache und ihrer Musik erschließen sich mir musikalische Werke ganz anders. Ich höre dann eine Art Text heraus, zumal, wenn die Interpretation auch etwas sagen will und eben nicht nur einen Klangteppich produziert.

„Töne sind höhere Worte“

Da fand ich für mich wieder Nikolaus Harnoncourt interessant mit seiner Auffassung von Musik, dargelegt in seinen Büchern wie „Der musikalische Dialog“ oder „Töne sind höhere Worte“. Auch wenn ich nicht Musik studiert habe, kann ich doch vieles nachvollziehen. Wenn wie in der Oper oder in Liedern Musik und Text zusammen kommen, ist das einfacher zu erkennen. Allerdings kommt es auf die Interpreten an, ob sie den Sinn hörbar machen können oder nur „schöne“ Musik bzw. Töne produzieren. Schön ist schön, aber wenn nur schön, dann leider ziemlich langweilig und oft leer. Wenn da aber nur Musik ist, also ohne Worte, was höre ich dann? Gibt es einen Sinn oder ist das nur „reine“ Musik? Eine Art musique pour musique (l'art pour l'art)? Oh, da gibt es ganz unterschiedliche Meinungen und auch Glaubenskriege. Aber die müssen mich nicht belasten. Und bei Nikolaus Harnoncourt ist das nicht schwer. Er sagte immer zu Musikern: „Sagen Sie etwas.“ Und meinte: Sprich mit deinem Instrument, in der Musik liegt eine Geschichte, entdecke sie und mache sie hörbar. Und genau das geschieht bei und mit ihm. Und so bekomme ich einen neuen und spannenden Zugang zur Welt der Musik.

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Über mich - Texte, Musik, Sprache 17.06.2018

Die Musik der Texte, der Rhythmus der Sprache

Ich habe immer gerne vorgelesen. Mein Vater muss mir Max und Moritz so oft vorgelesen haben, dass ich als 3-4jährige weite Passagen auswendig sprechen konnte. Mir wurde erzählt, ich hätte bei Familientreffen oft diese Texte aufgesagt. Daran kann ich mich nicht erinnern. Aber es muss stimmen, weil ich immer bis heute fast alles auswendig vortragen kann. Nur dem sechsten und siebentem Streich habe ich mich lange Zeit verweigert. Die beiden waren mir als Kind zu grausam. Im Vortragen, im Sprechen der Texte war mir immer, als würden sie lebendig, bekämen einen Leib, vergleichbar dem Bibelwort: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt (aus dem Anfang des Johannes-Evangeliums). Texte haben einen eigenen Rhythmus, je nachdem wirken sie wie Musik, Gedichte beispielsweise oder klassische Stücke in gebundener Sprache (wie man das nennt), also Dramen von Goethe, Schiller, Lessing oder Shakespeare, um nur einige zu nennen. Das ist faszinierend und kommt in unserer Alltagssprache viel öfter vor als man denkt. Meistens hören wir nicht so genau hin. Aber es kann Spaß machen, einmal darauf zu achten. Rapper wissen das übrigens. Ich bin keine Musikerin, aber in der Verbindung mit dem Rhythmus der Sprache und ihrer Musik erschließen sich mir musikalische Werke ganz anders. Ich höre dann eine Art Text heraus, zumal, wenn die Interpretation auch etwas sagen will und eben nicht nur einen Klangteppich produziert.

„Töne sind höhere Worte“

Da fand ich für mich wieder Nikolaus Harnoncourt interessant mit seiner Auffassung von Musik, dargelegt in seinen Büchern wie „Der musikalische Dialog“ oder „Töne sind höhere Worte“. Auch wenn ich nicht Musik studiert habe, kann ich doch vieles nachvollziehen. Wenn wie in der Oper oder in Liedern Musik und Text zusammen kommen, ist das einfacher zu erkennen. Allerdings kommt es auf die Interpreten an, ob sie den Sinn hörbar machen können oder nur „schöne“ Musik bzw. Töne produzieren. Schön ist schön, aber wenn nur schön, dann leider ziemlich langweilig und oft leer. Wenn da aber nur Musik ist, also ohne Worte, was höre ich dann? Gibt es einen Sinn oder ist das nur „reine“ Musik? Eine Art musique pour musique (l'art pour l'art)? Oh, da gibt es ganz unterschiedliche Meinungen und auch Glaubenskriege. Aber die müssen mich nicht belasten. Und bei Nikolaus Harnoncourt ist das nicht schwer. Er sagte immer zu Musikern: „Sagen Sie etwas.“ Und meinte: Sprich mit deinem Instrument, in der Musik liegt eine Geschichte, entdecke sie und mache sie hörbar. Und genau das geschieht bei und mit ihm. Und so bekomme ich einen neuen und spannenden Zugang zur Welt der Musik.